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  #1  
Alt 16.07.2015, 08:59
Benutzerbild von Pummel
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Standard Allgemeine Helmberatung

Weil viele Leute (natürlich aus Unwissenheit) den Helmkauf von der völlig falschen Seite angehen dachte ich mir ich schreib hier mal ein paar Zeilen wie man den richtigen Helm findet. Natürlich erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und übernehme keinerlei Verantwortung dafür, was ihr damit anstellt ("Aber, der Pummel aus dem Forum hat gesagt Helm X sei ganz toll....")

Ich möchte euch bitten, das hier nicht zu einem, mit Halbwissen gespickten Diskussionsthread zu machen, weil damit keinem gedient ist. Bei Fragen/Anmerkungen usw. Bitte einfach eine PN schreiben.

Das allerwichtigste gleich vorneweg: Geht in den Laden und lasst euch vernünftig beraten!!!

Im Internet bestellen ist absoluter Schwachsinn, sofern man nicht 100% sicher weiß, dass einem der Helm passt. Und wenn ihr in den Laden geht, dann nicht 15min vor Ladenschluss und auch nicht wenn ihr unter Zeitdruck seid, sondern nehmt euch mal vorsichtshalber 2-3h Zeit mit dafür (ja, es kann so lang dauern)

Wir wissen also nun, dass ohne eine gute Beratung nix geht, was wir allerdings machen können ist die große Auswahl etwas einschränken wenn wir schon unbedingt etwas tun wollen. Es gibt so ein paar Sachen, die kann man sich vorher schon überlegen, wie z.B. die Art des Helms (Klapphelm, Jethelm, Halbschale, Integralhelm), ob man eine Sonnenblende benötigt, aus welchem Material der Helm sein soll. Das hilft oft schonmal eine Menge Helme auszusortieren.

Nach der langen Einleitung können wir endlich mal loslegen mit dem Material:

Grob gesagt gibt es zwei große Lager:

Thermoplast und Duroplast. Thermoplasthelme bestehen aus einem Kunststoff (meist Polycarbonat), der aufgrund großer Verfügbarkeit und einfacher Verarbeitung sehr günstig ist, was auch den Helm an sich günstiger macht, allerdings nimmt man dafür einige Nachteile in Kauf.
Und zwar sind diese Helme meist deutlich schwerer als ihre Duroplastverwandtschaft und im Kunststoff ist ein Weichmacher drin, der dafür sorgt, dass er nicht zu spröde wird. Dieser gast im Laufe der Zeit aus und der Helm wird immer spröder. Daher empfiehlt es sich normalerweise nach so 5-6 Jahren den Helm auszutauschen, da dann die Schutzwirkung nicht mehr gewährleistet ist.

Duroplast (dazu gehören z.B. Fiberglas und Carbon) zeichnet sich durch eine sehr hohe Festigkeit aus, wodurch man für den gleichen Schutz deutlich weniger Material benötigt, sprich der Helm wird bei gleicher Stabilität leichter. Dazu altert das Material nicht womit wir den großen Nachteil der Thermoplasthelme umschiffen. Allerdings hat alles seinen Preis: Aufgrund der aufwändigen Verarbeitung sind Duroplasthelme in der Regel teurer als Thermoplasthelme. Unreduziert fangen Fiberglashelme bei so ca 200€ an, darunter gibt es hauptsächlich Thermoplast.

Meine Meinung zu dem Thema: aufgrund des Gewichts und der Langzeithaltbarkeit würde ich persönlich immer zu Fiberglas greifen. Auch halte ich Polycarbonat als Werkstoff für Helme für veraltet.

Nun ein paar Worte zur Sonnenblende:
Ein praktisches Feature, erlaubt es einem doch die Helligkeitsanpassung während der Fahrt ohne das Visier wechseln zu müssen. Hierbei ist es wichtig darauf zu achten, dass die Mechanik der Blende gut funktioniert und die Blende selbst das Sichtfeld nicht verzerrt (bei günstigeren Helmen oft der Fall). Nachteil: ein Verschleißteil mehr + Mehrgewicht

Wir haben uns also ein paar Gedanken gemacht und stehen vor dem Helmregal. Jetzt blenden wir einfach mal alle tollen Dekors usw. aus. Es gibt zu fast jedem Helm irgendwelche Dekors, allerdings können diese auch mal 100€ Aufpreis kosten und wir suchen den Helm ja nicht nach Design aus, sondern nach Passform (wir suchen ihn auch nicht nach irgendwelchen Tests aus).

Also zum wichtigsten: der Passform

Ein Helm darf niemals nie drücken, außer an den Backen, da darf er ruhig sehr eng sein. Drückt der Helm irgendwo am Schädel, ist er raus. Am besten lasst ihr euch dazu einmal beraten.

An der Stirn sollte man zwischen Kopf und Helm seine Fingerkuppe durchziehen können, denn liegt der Helm im Laden schon an, kann ich euch bei Fahrtwind eine Druckstelle an der Stirn fast garantieren und das ist durchaus ziemlich unangenehm.

Weiter am Kinn, dort sollte man ca zwei Finger breit Platz zwischen Kinnteil und dem Kinn haben. Eure Zähne und euer Kiefer werden's euch bei einem Sturz danken.

Wenn das passt, heißt das aber noch lange nicht, dass der Helm gut sitzt, das kann man aber selbst kaum beurteilen --> Beratung
Als Grundregel kann man fast sagen: ist derq
Helm angenehm und drückt die Backen nicht zusammen wird er zu weit sein, denn die Wangenpolster geben mit der Zeit nach und dann wird der Helm zu locker. Deswegen ist es durchaus normal, wenn er an den Backen sehr eng ist, damit er nach einem halben Jahr immer noch knackig sitzt.

Wenn alles passt und der Verkäufer sein OK gegeben hat kommt jetzt erstmal mindestens 15-20min Probetragen. Manchmal fängt ein Helm erst nach einiger Zeit an zu drücken, daher ist es wichtig. Noch besser: Windkanal (manche Geschäfte haben einen) oder im Idealfall eine ausgedehnte Probefahrt mit dem eigenen Motorrad, damit man die Lautstärke und Passform auf seiner Maschine testen kann (bei den großen drei gibt es soweit ich weiß 24h Helmprobefahrt).

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die Frage nach dem Preis eingehen, denn ich höre öfter, wieso man denn mehr bezahlen solle, wenn der günstige Helm doch auch der Norm entspricht, also auch sicher ist. Da wären einerseits die Komfortfunktionen (z.B. Viele.Belüftungen, die Aerodynamik, die Lautstärke) und andererseits eben der Entwicklungsaufwand beim Thema Sicherheit. Ich kann jetzt nur das Beispiel Shoei nennen, weil ich es bei denen sicher weiß.

Bei Shoei werden zur Schlagdämpfung bis zu 22 verschiedene Auftreffpunkte getestet sowie das Verhalten des Helms wenn er z.B. Schlittert und gegen eine Erhöhung (Bordstein o.ä.) prallt. Bei der ECE Norm sind es beispielsweise nur 5-6 Prüfpunkte.

Oder kurz: nein, ein 80€ ist nicht zwangsweise gleich sicher wie ein 800€ Helm.

So viel erstmal dazu, wenn ihr wollt, dass ich einzelne Punkte genauer ausführe einfach bescheid sagen, ansonsten fände ich es sehr schön, wenn das hier nicht in einer Diskussion ausartet, sondern in Zukunft als Leitfaden für den Helmkauf dienen könnte.

Bei Fragen/Anregungen/Korrekturen würde ich euch dann um eine PN bitten um den Thread sauberzuhalten. Danke!
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- [...] It's got something to do with young men killing each other, I believe.
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